Lehrer in Nepals einziger Nonnenschule

Dieser Reisebericht erzählt von der Reise in das hinduistische Königreich Nepal. Hier arbeitete ich als Lehrer in der einzigen Nonnenschule des Landes.
In der Schule lebten 21 Nonnen (mittlerweile sind es mehr), die zwischen sieben und 23 Jahre alt sind. Sie erhalten dort eine schulische Ausbildung, in vielen verschiedenen Fächern, wie zum Beispiel Englisch, Nepali, Mathematik, Erste Hilfe, die sie auf das spätere Leben vorbereiten sollen. Zusammen mit meiner guten Freundin Theresa unterrichteten wir Geographie und Mathe. In Geographie lehrten wir ihnen die Grundlagen der Topographie. Dies beinhaltete das Zeigen und Darstellen aller Kontinent und Ozeane, aber auch das Diskutieren über die verschiedensten Länder der Welt und die Entstehung des Himalaya. Zur besseren Veranschaulichung zeigten wir ihnen Fotos aus Europa und Asien. Wir sprachen über Dinge, die sie nie zuvor gehört oder gesehen hatten. Ihr Interesse an allem Neuen war sehr motivierend für uns. In Mathematik lehrten wir elementare Dinge wie die Grundrechenarten und die Bruchrechnung. Für manche Nonnen waren es die ersten Mathestunden in ihrem Leben und sie waren sehr wissbegierig und lernwillig.
Das Leben in der Schule war sehr einfach. Wir schliefen in einem völlig leeren Raum indem lediglich eine Matratze vorhanden war und auch das Waschen war zunächst sehr gewöhnungsbedürftig, denn es gab nur eine Stunde am Tag fließendes Wasser aus der zentralen Wasserleitung und hin und wieder fiel auch dies spontan einmal aus.
Der Tag begann für die Nonnen vor Sonnenaufgang mit Brotbacken und Dharmalobgesang (beten). Wir durften, weil wir Gäste des Hauses waren bis 8:00 Uhr weiter schlafen und wurden dann durch laute Kinderstimmen und Gebetsgesang zum Frühstück geweckt. Das Frühstück war nicht sehr abwechslungsreich, es gab meist ein unbeschreibliches Teiggebäck mit Tibetischem Tee. Neun Uhr begann der Unterricht mit einem Glockenschlag. Dieser dauerte immer bis in die späten Nachmittagsstunden, aber natürlich hatten sie auch größere Pausen, in denen sie im Garten, lustige Wurf – und Fangspiele spielten oder bei einem langen und ausgiebigen Mittagessen genossen. Zum Mittagessen wurde Reis mit verschiedenen Gemüsesorten und vielen Chilischoten serviert. Fleisch gab es nur einmal die Woche, denn es ist in Nepal sehr teuer. Alle Mahlzeiten wurden auf dem Boden sitzend eingenommen, während des Essens wurde sich immer heiter und ausgelassen unterhalten. Nur uns, den Gästen, reichte man Besteck, die Nonnen aßen dagegen mit ihren Händen. Nachdem der Unterricht zu ende war, hatten wir Zeit für Ausflüge in der Umgebung und ausgiebige Stadtbesuche.

Tenzin Sangmo und ihre Cousine Ngawang Choeden aus Tibet
Nepal wird durch den Monsun sehr stark geprägt und dieser beeinflusste auch unsere Reise betträchtig. Bis September fielen extrem große Niederschlagsmengen und es war schwül und warm. Als sich der Monsun zurück zog, ließen auch die Niederschläge nach und die Sonne schien jeden Tag von einem azurblauen Himmel bei rund 35 Grad im Schatten. In Nepal gibt es zahllose Tempel und Heiligtümer welche entweder hinduistische oder buddhistische waren.Es ist das Land, indem die Weltreligionen Hinduismus und Buddhismus friedlich nebeneinander leben.

Wir besichtigten viele dieser Tempel und waren fasziniert von der Architektur aber auch von der Andersartigkeit des Lebens dieser Menschen. Nepal ist das dritt ärmste Land der Erde. Es gibt kaum Industrie, keine Zugstrecken, keine Müllentsorgung , kaum asphaltierte Straßen, und auch das monatliche Einkommen eines normalen Arbeiters ist verschwindend gering (220 $). Die Haupteinnahmequelle des Landes ist der Tourismus. Die Lebenskosten sind sehr niedrig und so bekamen wir z.B. für 2 Euro eine komplette Mahlzeit in einem Restaurant. Am Abend kehrten wir nach langen Ausflügen und ab und zu auch nach einem abendlichen Restaurantbesuch wieder zurück in die Schule. Nach dem Abendgebet der Nonnen wurde das Abendessen serviert. Es bestand aus einer einfachen Suppe, die Spinat und Brotstreifen enthielt. Bis 22 Uhr hatten die Nonnen Zeit für Hausaufgaben und persönliche Dinge und dann war Nachtruhe.

der Gebetsraum unserer Schule
Eine Woche nach unserer Ankunft kündigte eine Rebellenorganisation den Waffenstillstand mit der Regierung auf und verübte tägliche Angriffe auf Militäreinrichtungen, Polizeistationen, Banken und Läden. Ihr Ziel war es, den König von Nepal zu stürzen und eine kommunistische Regierung aufzubauen. Das zivile Leben wurde durch nächtliche Ausgangssperren und verschärfte Sicherheitsmaßnahmen beeinträchtigt. Höhepunkt war ein dreitägiger Streik, bei dem das öffentliche Leben fast völlig lahm gelegt war. Im Verlauf unseres Aufenthaltes wurden mehr als 800 Menschen ermordet.

Touristen und Lehreinrichtungen waren nicht direktes Ziel der Rebellen und so blieben wir trotz der Sicherheitswarnungen des Auswärtigen Amtes in Nepal.
Wir wurden nur einmal während einer Wanderung von Wegelagerern ausgeraubt. Ansonsten fühlten wir uns den Umständen entsprechend sicher. In den letzten Tagen unseres Aufenthaltes wurde ein großes hinduistisches Fest abgehalten, bei dem viele Tiere geopfert wurden. Wir nutzten den Waffenstillstand während dieser Tage, um Nepal zu verlassen, denn es rief die Uni in Jena. Wir vermissen aber jetzt schon die Nonnen und Nepal. Uns begeisterte das einfache Leben, ohne die vielen "Wohlstandsprobleme" aus unserer westlichen Welt (Deutschland).




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