Der gestern Abend einsetzende Regen war erst in den Morgenstunden zuende, sodass wir ein wenig länger liegen blieben. Ich hatte gestern derart viel bei unserer Gastgeberin Olga gegessen, dass ich heute Morgen fast keinen Hunger hatte. Das Frühstück bestand aus Eis, einem Obstteller, selbst gemachten Guavenmarmelade, Honig, Toast sowie Kaffee mit Milch. Pro Person bezahlten wir 3 Pesos Convertible, also rund 2,80 €. Erfreulicherweise waren fast alle Kleidungsstücke, die wir ihr gestern Abend gegeben hatten, über Nacht getrocknet. So habe ich auf den nächsten fünf Etappen bis nach Havanna zwei saubere Trikots. Als wir 9:45 Uhr starteten, schien kurzzeitig die Sonne aber im Westen drohten bereits dunkle Regenwolken mit der nächsten Dusche von oben. Unweit von Vinales, etwa drei Kilometer südlich, erreichten wir einen Aussichtspunkt neben dem Hotel Loz Jazmines, wo wir einen freien Blick nach Westen auf die Karstberge hatten. Leider lag aufgrund des herannahenden Unwetters nur ein Hügel im Sonnenschein. Dennoch war der Kontrast zu den umliegenden Bergen und den schwarzen Himmel absolut sehenswert. Auf der Abfahrt nach Pinar del Rio hatte uns die Unwetterfront eingeholt und eine gute halbe Stunde mussten wir im Regen pedalieren, denn es gab keine geeigneten Unterstellmöglichkeiten. Dennoch war es nicht besonders unangenehm, denn die Temperatur lag immer noch bei 22 °C. Als die Sonne raus kam, trockneten wir recht schnell und ich konnte noch einige Detailaufnahmen eines Tabakfelds mit der typischen Holzhütte machen. Das Bild wurde durch einen Einheimischen komplettiert, der gerade die Tabakblätter sortierte und dabei eine dicke Zigarre rauchte. Er ließ sich von mir nicht aus der Ruhe bringen und zeigte mir gerne seine Hütte, aus der intensiver Tabakgeruch strömte. Mäfju war inzwischen weiter gefahren und wartete am Ortseingang von Pinar del Rio auf mich. Kurz bevor ich zu ihm aufgeschlossen hatte, sah ich eine weibliche Armeeangehörige. Leider verwehrte sie wild gestikulierend meinen Wunsch, ein Foto von ihr zu machen. Dank Mäfjus Lonley Planet fanden wir uns in der Provinzhauptstadt (115.000 Einwohner) schnell zurecht und konnten, nach dem Verzehr einiger Pizzen (mit zehn Pesos das Stück etwas teurer), ohne Probleme die richtige Straße nach Südwesten finden. Durch eine Fußgängerzone schoben wir die Räder und beobachteten das bunte Treiben auf der Straße. Lediglich ein Schlepper wollte uns eine Casa aufquatschen der Reiseführer hatte uns mit mehr gedroht. Auf der Bundesstraße radelten wir 22 Kilometer in Richtung San Juan y Martinez. Dieses Teilstück zählte zu den Hauptanbaugebieten der kubanischen Tabakindustrie. Je mehr wir uns San Juan näherten, desto großflächiger wurden die Anlagen. Unter riesigen Plastikplanen wurde die Hitze gestaut, um den Tabak intensiver wachsen zu lassen. Während ich einige Detailaufnahmen machte, kam Mäfju mit zwei Reiseradlern aus Süddeutschland ins Gespräch. Das nette Pärchen bereiste die Insel nicht zum ersten Mal mit dem Fahrrad. Sie hatten vor einiger Zeit eine ausgedehnte Tour im Osten unternommen und erkundeten diesmal für sechs Wochen den Westen Kubas. In Pinar del Rio wollten sie ab heute Nachmittag einige Tage verbringen. Sie erzählten uns von ihrer letzten Nacht, wo das Unwetter dazu geführt hatte, dass es bei ihnen ins Hotelzimmer rein geregnet hatte. Wir verabschiedeten uns von den freundlichen Leuten und erreichten wenig später San Juan y Martinez, wo wir vier Pizzen für fünf Pesos das Stück aßen. Die Verkäuferin war gut gelaunt, rief ihre Mitarbeiterin aus der Backstube, damit sie sich die zwei Radreisenden anschauen sollte.
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