Tag 9: 11.02.07 (92 km): Hoher Atlas Vol.2
Mäfju in Aoulon

So wie der letzte Tag aufgehört hat, sind wir auch heute Morgen recht faul! Erst bei der fünften Erinnerung des Weckers krieche ich 7 Uhr aus dem Schlafsack. Conny ist schon längst mit der weißen Rolle unterwegs und drängelt, dass es endlich vorwärts geht. Wir starten schließlich 8:45 Uhr bei herrlichem Sonnenschein in diese Etappe. Heute steht die zweite Atlasüberquerung auf dem Plan, und meine Vorfreude hält sich in Grenzen. Die ersten 20km geht es aber erst mal bergab. Leider kreuzen alle 100m extra angelegte Bodenwellen die Straße, die die Fahrt der Autos einbremsen sollen. Auch wir werden sehr effektiv verlangsamt, und ich sehe nach einigen Fast-Flugstunden ein, heute keinen Geschwindigkeits-Rekordversuch starten zu können.
In Aoulon kaufen wir noch jede Menge Getränke und Fisch fürs Mittagessen. Kurz nach dem Ort wird es etwas welliger, und ich rege mich ziemlich über die Straßenbauingenieure auf, da wir jeden Hügel der Umgebung erklimmen müssen, während in kurzer Entfernung die ungenutzte Ebene beginnt. Aber die Straße wird eben nicht nach Radfahrerwünschen gebaut. 5km weiter sieht das Bild schon ganz anders aus, es geht stetig bergab, und wir fliegen die folgende Stunde mit über 30km/h durch eine fantastische Landschaft. Viele Kilometer fahren wir an einer Zitrus-Früchte-Plantage vorbei und der Geruch ist hervorragend. Einzig und allein die immer näher rückende Gebirgsfront und unsere konstant sinkende Höhe geben Grund zur Sorge. Nach 52 Tageskilometern ist es dann soweit. Wir kommen an den Abzweig ins Gebirge. Kurz keimt bei mir Hoffnung auf doch noch um den Anstieg herum zu kommen, als ein Schild auf die Sperrung des Abzweiges hinweist. Aber 50m weiter gibt es einen weiteren, der freigegeben ist.

dieser Transporter hält großen Sicherheitsabstand von uns

das erste Hinweisschild auf den Pass des Tages

diese Straßensperrung ließ Mäfju (vergebens) hoffen

unsere Mittagspause vor dem Anstieg

Ziegen suchen nach etwas essbaren im Baum

auch voll beladene Laster überqueren den Pass

Conrad biegt voller Vorfreude auf den Anstieg ab und tritt mächtig in die Pedale. Der Höhenmesser zeigt 500 Höhenmeter, und das Thermometer steht bei über 30°C im Schatten. Doch kurz bevor der Anstieg richtig startet, machen wir 11:30 Uhr Mittagspause im Schatten eines Baumes. Es gibt die letzten Überbleibsel unseres mitgebrachten Essens aus Deutschlands. Punkt 12 Uhr brechen wir auf, um die 1600 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Schon nach einigen Minuten quälen wir uns - jeder für sich - durch die Mittagshitze. Für ein bisschen Abwechslung sorgt eine Ziegenherde, die in die an der Straße liegenden Bäume geklettert ist, um an grüne Zweige zu kommen. Marco hatte das schon vor der Reise Conrad erzählt, aber bis ich es selbst gesehen hatte, konnte ich es nicht glauben, dass Ziegen auf Bäume klettern können. Der Anstieg beginnt ziemlich steil und ohne jeden Schatten. Wir kurbeln mit kleinem Gang recht locker los und kommen trotzdem mächtig ins Schwitzen. Ausnahmsweise fahren wir fast dieselbe Geschwindigkeit und verlieren uns so nicht aus den Augen. Ich beschließe für mich, regelmäßige Pausen zu machen, um die Trinkflasche neu zu füllen und kurz auszuruhen. So suche ich mir nach 45 Minuten Anstieg den Schatten eines Baumes und verschnaufe für 5 Minuten. Nach 1 Minute gesellt sich Conrad zu mir und scheint von meiner Pausenstrategie überzeugt zu sein. Die nächsten Kilometer sind etwas flacher und fahren sich deutlich entspannter, weil es ab und zu auch ein bisschen Schatten gibt. Nach 1:20h passieren wir ein kleines Cafe und beschließen, hier zu stoppen. Zur Stärkung gibt es Cola und Orangen. Wir haben von unserem Platz einen sehr guten Ausblick auf das, was uns noch bevorsteht. Aus der Ferne wirkt es wie eine fast senkrechte Wand mit eingehauenen Serpentinen. Diese Straße hatten die Franzosen nach 52jähriger Bauzeit 1938 in den Fels gesprengt. An der Steilwand gibt es leider keinen Schatten mehr. Aber zum Glück ist der Anstieg nicht so heftig, wie es von Weitem aussah. Mit regelmäßigen Pausen geht es nach oben, und nach 3:45h Anstieg sind wir auf dem Gipfel des Tizi n Test (2100m) angekomme

Mäfju bei einer Pause

grandiose Aussicht auf den hohen Atlas

über diesen Sattel müssen wir (kleiner weißer Punkt)

grünes Tal umgeben von viel Fels

während einer Snackpause

Pause im Schatten

die Straße wurde von den Franzosen in den Fels gesprengt

Conrad während des Anstiegs

hier sollte kein Gegenverkehr kommen

Conrad beim Passschild

Mäfju beim Passschild

Man kann sehr weit ins Land zurück blicken und bei klarer Sicht sogar das Meer sehen. Leider ist der Himmel bei uns dafür etwas zu milchig. Als wir am Gipfelschild unsere Trophäenphotos machen, spricht uns der Besitzer des Töpferwarenladens an und wir kommen ins Gespräch. Er bruzelt gerade Lammhackfleisch auf seinem Grill vor seiner Hütte und bietet uns an, etwas davon zu nehmen. Hungrig wie wir sind, lassen wir uns nicht lange bitten, und so bekommen wir endlich mal wieder Grillfleisch. Es schmeckt sehr lecker! Leider können wir nicht lange verweilen, weil wir nach einer Zeltmöglichkeit suchen müssen.

wir freuen uns über kostenloses Fleisch

In freudiger Erwartung der letzten und laut Reiseführer spektakulären Abfahrt fahren wir los. Aber schon nach einem Kilometer fällt uns ein Hügel ins Auge, der perfekt fürs Zelten zu sein scheint. Einzig und allein die Anfahrt ist schwierig. Wir sind aber überzeugt von dem Platz und tragen unsere Taschen einzeln die 150 Meter zu der auserkorenen Stelle. Dort bauen wir hinter einem Busch das Zelt auf, so dass wir von der Straße nur äußerst schwer zu sehen sind. Mit der einsetzenden Dunkelheit sind wir sicher, nicht entdeckt zu werden, und ziehen uns entspannt ins Zelt zurück. Mit Waschen, Radiohören und Tagebuchschreiben vergeht der Abend auch sehr schnell, und wir schlafen gegen 20:30 Uhr erschöpft ein.

Conrad schiebt sein Rad zur Zeltstelle

unsere gut getarnte Zeltstelle unweit des Pass

Impression am Abend


Statistik zum 09ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
91,95 km
Gesamtkilometer
887,82 km
Höhenmeter
1631 (8640)
maximale Höhe
2067 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
17,4 km/h
reine Fahrzeit
5:17:40 h (44:13:50 h)
Start
8:45 Uhr
Ziel
16:45 Uhr
TopSpeed
50,0 km/h
Temperatur
13 - 31 °C
Übernachtung
beim Tichi n Test
Übernachtungshöhe
2013 m über NN
Trinken


4,0 Liter Wasser
1,0 Liter Cola
0,3 Liter Sprite
Stärkungen

1 Riegel
Dextro
Ausgaben


32 DH (3,2 Euro) für Fladen, Wasser, Sprte und Cola
8 DH (0,8 Euro) Mittagessen€

Tag 8 / Tag 10
















Jedes Bild ist einfach per Klick zu vergrößern - das Höhenprofil wurde mit einem Ciclo Master 430 erstellt. Die entsprechende DAT-Datei gibt es hier im download (80 KB)

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