Tag 4: 06.02.07 (139 km): erst Regen und dann das Vallee de Draa
Conrad auf den ersten Kilometern dieser Etappe

In dieser Nacht hatten wir gut geschlafen, und erst durch Mäfjus Wecker wurden wir 6:30 Uhr munter. Draußen war es noch dunkel, aber somit hatten wir zumindest genügend Zeit für das Frühstück, die Katzenwäsche und den anschließenden Zeltabbau. Der Wind hatte sich in der Nacht gelegt, was jedoch auch bedeutete das die Wolken nicht weiter transportiert worden waren. Somit war es leider immer noch völlig bedeckt. Zumindest war es mit 7°C nicht ganz so kalt, sodass wir ohne Handschuhe frühstücken konnten. Bereits 8:15 Uhr hatten wir alles abgebaut und schoben unsere Räder zurück zur Straße, auf der wir dann weiter in Richtung Süden radelten. Nach wenigen Kilometern sollte der erste Anstieg kommen. Wir waren innerlich vorbereitet und guter Dinge. Zur Orientierung dienten uns Sendemasten, welche meist an den Passhöhen errichtet waren. Nach wenigen Minuten Fahrt sahen wir einen solchen Mast und nahmen den Anstieg in Angriff. Bis auf eine Baustelle mit vier Arbeitern war die Gegend unbewohnt. Uns wurde noch einmal bewusst, in welcher Einöde wir übernachtet hatten. Kurz vor der Passhöhe setzte leichter Nieselregen ein. Dies war der erste Niederschlag seit Beginn unserer Tour. Als wir den kleinen Pass erreicht hatten, sahen wir weitere Regenwolken am Horizont: dummerweise genau in jener Richtung, in der wir fahren wollten. Wir packten schon einmal vorsorglich die Regenjacken nach oben und fuhren weiter. Während der Abfahrt verstärkte sich der Regen. In Ait Saoun, zugleich der erste Ort seit 41 Kilometern, regnete es noch heftiger. Schuld daran war die Nähe zu einem Bergmassiv, an dessen Nordseite sich der Regen entlud. Mäfju behielt sein Flies an, aber ich wechselte zur Regenjacke und musste sogar meine Kapuze aufsetzen. Zum nächsten Pass, dem Tizi-n-Tinifif (1700 m), ging es in Serpentinen bergauf. Die Fahrt war alles andere als angenehm. Mäfju zog davon, und ich belohnte mich mit Bonbons. Noch schlechter als uns erging es jedoch den Marokkanern, die große Mengen Heu und Lasten in die Stadt transportierten. Bei genauerem Hinsehen konnte ich erkennen, das es überwiegend Frauen waren, die dieser harten Arbeite nachgehen mussten. Uns überholten auch einige Reisebusse, aber ich konzentrierte mich voll auf die Straße und die letzten Höhenmeter bis zum Pass. Dort wartete Mäfju bereits fünf Minuten auf mich. Glücklicherweise befanden wir uns nun über der Wolkenschicht, sodass es nicht mehr regnete. Neben Mäfju stand ein Junge, der Kamäleons aus Plastik anbot. Er hatte jedoch kein Interesse, uns welche aufzuschwatzen. Als sich jedoch ein Reisebus dem Pass näherte, wurde der Junge aktiv und rannte hin. Auch andere Marokkaner von einem nahe gelegenem Hang, machten sich auf dem Weg zu dem Bus. Sie grüßten uns herzlich und mir wurde klar, das wir in ihrem Augen keine reichen Touristen waren, die man „ausnehmen“ könnte. Diese Erkenntnis erfreute mich sehr, bot sie doch die Gelegenheit, intensiver mit den Leuten in Kontakt kommen. Wir rollten nach der kleinen Pause einige Kilometer auf gleichbleibender Höhe weiter. Ein Brücke war hier vor einigen Jahren weg gespült worden, sodass einfach eine kleine Umgehungsstraße gebaut worden waren. Einige Wohnwagen quälten sich die enge Straße entlang, aber die Fahrer grüßten uns sehr herzlich. Die Straße führte durch ein arides, stark zerklüftetes, schwarz und rotbraunes Bergland. Die gänzlich unbewachsenen Gesteinsschichten waren schräg gefaltet, verrutscht und aufeinander geschichtet. Vermutlich waren es Terrassen von marinen Ablagerungen. In einem engen und absolut sehenswerten Canyon zwängte sich der Draa. Leider war das Wetter nicht besonders schön, ansonsten wären die Bilder noch besser geworden.

unser erster Anstieg im Regen

glücklich auf der Passhöhe

hier wurde eine Straße weg gespühlt

leider sahen wir die Canyon-Landschaft bei schlechten Wetter

interessante maritime Schichtungen

Als wir uns auf die Abfahrt nach Agdz (8.000 Einwohner) machen wollten, setzte der Regen erneut ein und wurde schnell sehr heftig. Meine Bremsleistung nahm auf der nassen Straße deutlich ab, sodass ich mich etwas zurück fallen lassen musste. Die Abfahrt zählte zu den längsten während dieser Tour, denn es ging 800 Höhenmeter abwärts. Der Regen hörte einige Kilometer vor dem Ort auf, und entlang der Straße sahen wir die ersten Palmen. Als wir durch den Ort fuhren, riefen uns viele Händler nach. Alles in allem waren wir etwas genervt und versuchten, Agdz so schnell wie möglich zu passieren. Am Ende der Stadt versuchten wir, noch ein Restaurant zu finden, aber leider wollte man uns nur Tee und Süßigkeiten servieren. Die richtigen Restaurants hatten wir während unserer rasanten Ortsdurchfahrt verpasst. Da wir erst 25 Kilometer geschafft hatten, wollten wir noch ein Stündchen weiter fahren. Auf der Karte waren zwar keine weiteren Ort in der Nähe verzeichnet, aber wir hofften auf der von Touristen stärker frequentierten Straße eine Snackbar zu finden. Zu unserer Linken sahen wir den Djabal Kissane (1531 m), der als schwarzer, lang gezogener Tafelberg den Eingang zum Vallee de Draa markiert. Die Strecke durch das Draatal war im Gegensatz zur Einöde des Vormittags sehr abwechslungsreich und angenehm zu fahren. Der Draa fließt links der Straße und wurde von einem breiten Saum von Dattelpalmen begrenzt. Je weiter wir in das Tal herein fuhren, desto besser wurde das Wetter. So konnten wir zur Mittagszeit die Regenjacken ausziehen und zum ersten mal seit mehr als einem Tag die Sonne genießen.

im Vallee de Draa können wir uns umziehen


im Vallee de Draa können wir uns umziehen

mein Verkäufer (links)

arabische Schriftzüge eheren den König

Nachdem wir einen der wenigen Anstiege im Tal passiert hatten, machten wir Mittagspause. Es war 12:30 Uhr, und 54 Kilometer waren bereits geschafft. Wir aßen Babybel und Wurst und genossen den Blick auf das Meer aus Palmen im Draatal. Entlang der Straße gab es etliche Kasbahs mit vielen Fauxguides. Jedes mal wenn wir eine kleine Ortschaft passierten, wollten sie uns eine Führung aufquatschen. Mit den Rädern und dem Gepäck war das jedoch sehr schwierig, sodass wir die renovierten Anlagen nur von draußen bestaunten. Man merkte die touristische Prägung auf diesen Streckenabschnitt sehr deutlich. Wir sahen sehr viele Landrover und Wohnwagen, und auch die Kinder bettelten aufdringlicher. Es gab aber wiederum sehr viele Marokkaner, die uns grüßten. Da dieses Gebiet dichter besiedelt war, wurde uns während einer zahlreichen Ortsdurchfahrten sehr oft gewunken. Bei Tageskilometer 96 trafen wir einen französischen Tourenradler. Er war vor einem Monat in Südfrankreich gestartet und wollte noch vier weitere Monate durch Afrika reisen. Unter http://veloenafrique.hautetfort.com ist seine Tour nachzulesen. Eine Woche bevor ich diesen Reisebericht schrieb, hatte er den Senegal erreicht. Während unseres kurzen Gesprächs sammelte sich eine Runde von Kinder um uns, welche uns aufmerksam beobachtete.

unterwegs mit Einheimischen

Lehmsiedlungen am Wegesrand



völlig überladener Heutransporter

ein französischer Tourenradler mit Ziel Senegal

Bei Isnskht sahen wir den ersten Stand mit Postkarten. Die Hälfte war in der Sonne verblichen, aber wir fanden noch einige nette Motive und bezahlten 2 Dirham pro Karte. Auf der Terrasse der kleinen Bar sahen wir noch einen Tourenradler mit Ortliebtaschen. Er ignorierte uns und rauchte lieber seine Pfeife, was neben den Taschen, ein Indiz dafür war, das er aus Deutschland kommen musste. Unser heutiges Tagesziel war Zagora. Bis dorthin waren es aber noch fast 25 Kilometer. Wir machten eine kurze Pause und ließen einen kurzen Schauer über uns ergehen. Kurz darauf hatte sich ein Regenbogen gebildet, der nun zum begehrten Fotomotiv wurde. Wir machten zudem etliche Bilder von der Landschaft. Leider befanden sich die Palmen nicht immer direkt am Wegesrand, aber trotzdem zählte die Fahrt durch des Vallee de Draa zu den Highlights dieser Tour.

Eingangstor

Regenbogen in der Halbwüste











Wenige Kilometer vor Zagora wurde das Flusstal enger, die Felswände rechts der Straße rückten näher; insgesamt war das Tal von nun an dünner besiedelt. Unser Ziel war Camping Qued Draa. Dieser Campingplatz lag zehn Kilometer vor Zagora und wurde von unserem Reiseführer empfohlen. Dort angekommen, waren wir nicht besonders angetan, denn der Campingplatz lag mitten im Ort und alle möglichen Leuten gingen ein und aus. Obwohl wir bereits sehr geschafft waren, fuhren wir weiter, denn wir wollten noch etwas Ruhigeres zum Übernachten finden. Je näher wir nach Zagora kamen, desto dichter war jedoch die Besiedlung. Acht Kilometer vor der Stadt sahen wir noch ein weiteres Campingschild und bogen links von der Straße ab. Die sehr gepflegte Anlage bot Platz für zehn Wohnmobile und besaß zwei Hütten aus Lehm. In eine von ihnen quartierten wir uns ein. Es kostete 25 Dirham pro Person, und wir hatten sogar erstmals seit drei Tagen wieder elektrisches Licht und eine Steckdose zum Handy und Digitalkamera aufladen. Wir bestellten noch vier Fladen und zwei Berberomlettes (50 Dirham) und ließen es uns schmecken. Heute hatten wir 139 Kilometer geschafft. Ein Blick auf die Statistik verriet, dass es die neunt längste Etappe unserer Radlergeschichte war. Wie legten uns auf die angenehm harten Betten, schrieben noch bis 21:30 Uhr Tagebuch und hörten Musik.



auf unserem Campingplatz

Conrad vor unserer Lehmhütte

Strom ein Bett..was will man mehr



Statistik zum 04ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
139,07 km
Gesamtkilometer
380,00 km
Höhenmeter
1707 (3555)
maximale Höhe
1707 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
21,2 km/h
reine Fahrzeit
6:21:27 h (18:24:34 h)
Start
8:15 Uhr
Ziel
17:30 Uhr
TopSpeed
68,8 km/h
Temperatur
7 - 23 °C
Übernachtung
Campingplatz vor Zagora
Übernachtungshöhe
788 über NN
Trinken


1,5 Liter Wasser
1,0 Liter Limo
0,3 Liter Cola
Stärkungen


2 Riegel
Dextro
Bonbons
Ausgaben


25 DH (2,5 Euro) für Zeltplatz
20 DH (2,0 Euro) für Abendessen
12 DH (1,2 Euro) für Getränke
8 DH (0,8 Euro) für Postkarten

Tag 3
/ Tag 5






Jedes Bild ist einfach per Klick zu vergrößern - das Höhenprofil wurde mit einem Ciclo Master 430 erstellt. Die entsprechende DAT-Datei gibt es hier im download (80 KB)

Download: Marokko DAT-DATEI


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