Tag 5: 07.02.07 (115 km): durch die Wüste bis zur algerischen Grenze
Sonnenaufgang über Zagora

Die Nacht war angenehm ruhig verlaufen, sodass wir endlich mal wieder durchschlafen konnten. Es ist doch etwas anderes, ob man im Zelt oder in einem Bett schläft. Erst Mäfjus Wecker riss uns gegen 7 Uhr aus den Träumen. Wir aßen Frühstück und hatten das Gepäck bis 8:30 Uhr verstaut. Bereits jetzt war herrliches Wetter, aber mit 7°C noch etwas frisch, sodass wir mit Jacke und Mäfju auch noch mit langer Hose starteten. Auf den neun Kilometern bis nach Zagora wurden wir von einem Studenten begleitet, der großen Spaß daran hatte bis zu seiner Uni neben uns her zu fahren. Für uns hatte dies den angenehmen Nebeneffekt, dass wir eine ruhige Ortsdurchfahrt hatten. Es war uns schon des öfteren aufgefallen, dass wir in Begleitung eines Einheimischen weniger penetrant angequatscht wurden (gleiche Erfahrungen hatte ich in China gemacht). Die Straße nach M’Hamid war schnell gefunden, denn beim örtlichen Regierungsgebäude nahem wir den einzigen größeren Abzweig nach links und überquerten auf einer Brücke den Draa. Die solide Brücke ließ vermuten, dass der Fluss auch manchmal mehr Wasser als im Moment führt. Erzählungen zufolge hat sich der Draa manchmal sogar einen Weg bis zum Atlantik gebahnt. Aber dieses Jahr schien es auch in Marokko sehr warm zu sein. Zumindest waren selbst im Hohen Atlas die Pässe fast durchweg geöffnet gewesen. Wenige hundert Meter nach der Brücke fragten uns zwei Jugendliche auf ihrem Moped, ob wir eine Zeltmöglichkeit suchten. Es war aber erst 9:15 Uhr am Morgen und wir lehnten dankend ab. Nachdem wir Zagora verlassen hatten, befanden wir uns recht schnell in der Einöde, denn die Vegetation bestand lediglich aus einigen wenigen Sträuchern, von denen wir im Laufe des Tages leider nur wenig Schatten zu erwarten hatten.

ein Student begleitet uns bis nach Zagora

Töpferwaren am Wegesrand





Bustransport aus marokkanisch

Nach 12 Kilometern Fahrt entledigte sich Mäfju seiner Bein- und Ärmlinge, und wir rollten auf der 6958 Richtung Südwesten. Die Straße war in gutem Zustand und der Verkehr war nur sehr gering. Vor uns lag ein Gebirgszug, welche sich vergleichbar mit einem Halbkessel vor uns aufbaute und uns ständig vor Augen führte, das wir in absehbarer Zeit einen Pass überqueren mussten. Dummerweise war der 100 Kilometer lange Streckenabschnitt von Zagora nach M’Hamid auf meiner Landkarte von Cartographia nicht verzeichnet (ansonsten war sie ebenso gut wie die Kümmerling-Frey-Karte). Aber eigentlich war es unmöglich vom Weg abzukommen, denn es gab nur eine asphaltierte Straße, die nach M’Hamid - zur algerischen Grenze - führte. Wir folgten also der schnurgeraden Straße bis nach Toumagrante, wo uns zwei Schulkinder für ein kurzes Stück begleiteten. Auffällig war, dass die beiden trotz mehr als 25°C im Schatten mit langer Hose und Jacke fuhren. Bei Kilometer 38 kam noch ein wenig Abwechslung ins Spiel, denn eine kleine Oase befand sich direkt links der Straße. Es gab zahlreiche Palmen, saftig grüne Wiesen und eine Siedlung. Ich machte ein paar Bilder und wurde von einem Marokkaner angesprochen, der gerade mit seinem BMW angefahren kam. Er achtete unsere Leistungen, identifizierte mich als Deutschen und lobte die Qualität seines Wagens. Mir blieb jedoch keine Zeit zu antworten, denn nach seinen Infos gab er Gas und war in kurzer Zeit in weiter Ferne. Mäfju wartete hundert Meter weiter auf mich, denn es galt den Draa zu passieren. Im Gegensatz zu Zagora existierte jedoch keine Brücke, sodass wir – ähnlich wie am zweiten Tourtag – durch das offene Wasser fahren mussten. Der Draa floss jedoch nicht so reißend wie das Gewässer im Hohen Atlas, sodass wir ihn problemlos passieren konnten. Bei Kilometer 48 begann dann der erste Anstieg des Tages. Es galt, 200 Höhenmeter zu überwinden. Das war nicht besonders viel, aber wir kamen dennoch ordentlich ins Schwitzen, denn die Wärme staute sich in dem halbkesselförmigen Anstieg. Überhaupt waren die Temperaturen bereits deutlich angestiegen, und ich merkte, dass sich ein Sonnenbrand anbahnte. Während des Anstiegs überholten uns zwei französische Wohnmobile, die uns freundlich grüßten. Oben angekommen hatten wir mit 861 Meter Höhe den höchsten Punkt des Tages erreicht und wurden mit einen netten Blick auf die zurück gelegte Strecke belohnt.

im Südosten der Draa nicht mehr als ein breiter Bach

das erste Kamelschild

hier hat sich die Hitze ordentlich gestaut

der Blick auf die zurückgelegte Stecke

Mäfju am höchsten Punkt dieser Etappe

Nach dem Pass führen wir durch ein kleines Tal, wo wir unter einem der wenigen Bäume Mittagspause machten. Wir aßen unser letztes Brot mit Käse und Nutella. Der Wind wurde durch unsere kleine Schlucht gedrückt, sodass eine angenehme Frische aufkam. Trotzdem beschäftigte uns immer noch eine Frage: wie könnten wir morgen von M’Hamid die mehr als 200 Kilometer zurück nach Agdz fahren. Wir setzten unsere Hoffnung auf Wohnmobilfahrer, die uns einen Teil der Strecke mit nehmen könnten. Nach der Pause ging es zwanzig Kilometer ohne nennenswerten Höhepunkte weiter Richtung Wüste. Bei 86 Kilometer passierten wir noch einen kleinen Hügel, bei dem die Franzosen von vorhin im Wohnmobil die Aussicht genossen. Es war die Gelegenheit nachzufragen, ob sie uns morgen mitnehmen könnten. Ich holte mein Tagebuch und versuchte, ihnen mit Zeichnungen unser Anliegen verständlich zu machen. Leider half alles nichts. Man wünschte uns eine gute Fahrt und einmal mehr wäre es gut gewesen, französisch sprechen zu können. Auf den letzten 20 Kilometern vor M’Hamid sahen wir die ersten Dünen unmittelbar neben der Straße. Sie waren sehr klein, aber sie boten einen ersten Eindruck von Wüste. Mäfju erprobte fotowirksam die Pistenverhältnisse neben der asphaltierten Straße, aber schien nach einem Kilometer keine Lust auf das Gehuppel zu haben und kam wieder zurück auf die Straße. Außerdem sahen wir die ersten Kamele am Straßenrand. Sie waren sehr beschäftigt, in einem Baum nach etwas Fressbaren zu suchen. Die Straße wurde immer schmaler und Verkehr immer dünner. Außer den Wohnwagen hatten wir seit zwei Stunden weniger als zehn Autos gesehen. Dies stimmt uns nicht gerade positiv für die morgige Etappe. Wir sahen zwar vereinzelt überfüllte Wagen, die als Sammeltaxi dienten, aber ob wir unsere Räder mit genommen werden würden, war mehr als fraglich. Kurz vor dem Tagesziel wurden wir von einer Französin und einem Marokkaner im Auto angehalten. Sie wollten uns eine Wüstentour aufquatschen. „Na das kann ja noch heiter werden“, dachten wir und fuhren weiter. Nach 115 Kilometern (und nur 360 Höhenmetern) hatten wir gegen 15 Uhr M’Hamid erreicht, welches zugleich die letzte Siedlung vor der algerischen Grenze war.

Mittagspause unter dem ersten Baum des Tages
typischer Verkaufsstand in den Städten

Conrad mit zwei Einheimischen (man beachte die Kleidung)

Stadteingangstor

die Straße wurde schmaler und der Sand höher

erste Dünen am Wegesrand

bei M´mahmid war die Straße kaum 2 m breit

unsere ersten wilden Kamele

Mäfju probiert die hucklige Sand-Schotterpiste

bekanntes Schild: 50 Tage mit der Karawane durch die Wüste

Mäfju am Ende der Straße in M´mahmid

Gleich an den Toren der Stadt wurden wir von einem Einheimischen auf dem Mofa abgefangen. Er wollte eine Jeeptour mit uns machen. Wir waren seinem aufdringlichen Werben jedoch überdrüssig und fuhren erst einmal durch die größte Straße der Ortschaft Richtung Wüste. Es lag eine eigenartige Stimmung in der Luft, die förmlich danach roch „Europäer, wie können wir ein Geschäft euch machen“. Dies war das erste mal auf der Tour. Doch es liegt wohl an der für Touristen sehr exponierten Lage der Siedlung M’Hamid. Nachdem wir die Ortschaft auf einer Schotterpiste verlassen hatten (die Asphaltierung endete am Ortskern), befanden wir uns wieder in der Einöde. Dummerweise sahen wir jedoch keine hohen Dünen. Etwas frustriert schauten wir in der Gegend herum. Es dauerte keine Minute und wir waren von einer Gruppe Kinder umgeben die Kulis und Dirhams forderten. Mäfju gab ihnen zwar keine Geld, aber ließ sie Rockmusik über seine Kopfhörer hören. Ihnen gefiel die Musik nicht, aber durch diese Geste hatten sie zumindest aufgehört zu betteln und standen nur noch interessiert um uns herum. Der Mopedfahrer drehte in einiger Entfernung seine Runden. Es schien, als wolle er sagen: „Ich kann euch die Wüste zeigen, aber dafür benötigt ihr ein Auto, indem ich euch gegen ein gewisses Entgelt transportieren könnte.“ Da wir unbedingt die Wüste sehen wollten, steuerten wir auf den Guide zu und verhandelten bei einer Tasse Tee in seinem Office. Hier trafen wir auch noch zwei von der Sonne gezeichnete Tschechen, die mit Rucksack in Marokko unterwegs waren. Die beiden wollten leider keine Wüstentour machen, denn mit ihnen hätten wir den Preis deutlich drücken können. Der Deal lautete deshalb, dass Mäfju und ich für zwei Stunden und je 200 Dirham (19 Euro) in die Wüste gefahren werden. Doch bevor es losging mussten wir noch zwei Stunden warten, denn der Jeep stand noch nicht bereit. In dieser Zeit unterhielten wir uns mit den beiden Marokkanern über verschiedene Dinge des Landes. Sie konnten sehr gut englisch und waren zu Themen wie Fußball oder Formel 1 bestens informiert. Auch äußerten sie sich kritisch zur Schul- und Finanzpolitik des Landes. 17:30 Uhr – eine Stunde vor Sonnenuntergang - konnten wir dann endlich starten. Das Gepäck verstauten wir im Auto, aber die Fahrräder mussten wir im Office lassen. Das behagte uns gar nicht, aber anders wäre es nicht möglich gewesen. Wir waren neben den beiden Guides die einzigen Touristen im Auto. Ich saß vorne und genoss die Fahrt durch die Dünenfelder. Unser Fahrer gab ordentlich Gas und bei lauter arabischer Musik von der Kassette kam gute Stimmung auf. Nach einer halbstündigen Fahrt hatten wir etwa zehn Meter hohe Dünen erreicht. Wir wurden aus dem Auto gelassen und verabredeten uns in einer Stunde wieder zu treffen. Während unsere Wüstenfreigangs liefen wir auf den Dünen herum und genossen den Sonnenuntergang. Dieses Areal war etwas touristisch erschlossen. Dafür sprachen einige Hütten, zahlreiche Jeeps und Kamelkarawanen. Der Sonnenuntergang war ein sehr schönes Erlebnis und wir bereuten unsere Entscheidung, bis hierher gefahren zu sein, keineswegs.

4x4-Tour in den Abendstunden

unser Fahrer

die ersten hohen Dünen

Touriskamele in der Wüste

Mäfju besteigt die höchste Düne der Umgebung
... und Conrad folgt ihm

der Blick auf die Dünen









Anschließend liefen wir zurück zu unserem Jeep und wurden zurück nach M’Hamid gefahren. Mittlerweile war es dunkel geworden, und auf dem zentralen Platz hatte sich ein Schar von Menschen angesammelt. Grund dafür waren zwei Österreicher die noch in der Nacht zurück nach Zagora wollten. Jeder Fahrer wollte die beiden transportieren. Es war nur eine Frage des Preises und wir vermuteten das sie nicht wenig bezahlen würden. Zurück am Office holten wir unsere Räder, und glücklicherweise war nichts weg gekommen. Der Guide hatte uns angeboten, in seiner Lehmhüttensiedlung im Süden der Stadt zu übernachten. Es kostete nur zwei Euro pro Person und wir nahmen sein Angebot an. Als Führer bekamen wir einen Fahrer auf Moped gestellt. Der Schotterweg verwandelte sich bald in eine Sandpiste, und wir waren ohne Lampe und Sicht sehr genervt. Nach vier Kilometern hatten wir die Lehmhüttensiedlung erreicht und waren mehr als froh, diese anstrengende Nachtfahrt hinter uns zu haben. Da wir nun Hunger hatten, beauftragten wir den Fahrer ein Berberomelette und Cola zu organisieren. Er wollte uns die Sachen für fünf Euro bringen. Ich wollte nicht mehr als die Hälfte bezahlen und war mir nicht ganz sicher, ob er auf den Deal eingehen würde. Zumindest fuhr er weg und kam erst nach einer Stunde wieder, sodass ich im Tagebuch bereits verzeichnet hatte: „Unser gewünschtes Essen wurde nicht mehr geliefert.“ Doch er enttäuschte uns nicht. Wir bezahlten lediglich 25 Dirham und ließen es uns das Essen im Schein einer Kerze schmecken. Als ich vor die Hütte trat, war ein grandioser Sternhimmel, und es war absolut still. Eine Ruhe die ich nie zuvor erlebt hatte – einfach grandios! Auf unseren Matratzen liegend, konnten wir durch die Decke der Hütte schauen und sahen die zahllosen Sterne hindurchfunkeln.

unser Abendbrot in der Lehmhütte


Statistik zum 05ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
115,30 km
Gesamtkilometer
495,30 km
Höhenmeter
360 (3915)
maximale Höhe
760 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
21,32 km/h
reine Fahrzeit
5:29:08 h (23:53:42 h)
Start
8:30 Uhr
Ziel
15:15 Uhr
TopSpeed
50,9 km/h
Temperatur
7 - 26 °C
Übernachtung
4 km südlich von M´hamid
Übernachtungshöhe
529 m über NN
Trinken

2,0 Liter Wasser
1,0 Liter Limo
Stärkungen


1 Dextro
1 Riegel
Bonbons
Ausgaben


200 DH (20 Euro) 4x4 Tour 50 DH (5 Euro) für Essen
20 DH (2 Euro) Übernachtung
9 DH (0,9 Euro) für Trinken

Tag 4 / Tag 6











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