Tag 3: 05.02.07 (120 km): vom Atlas in die Monotonie um Ouarzazate
der Sonnenaufgang im hohen Atlas

Heute Nacht hatte ich unruhig geschlafen. Das geht mir jedes mal so, wenn wir eine Fahrradtour beginnen. Mäfjus Wecker klingelte dann 6 Uhr. Leider war es bedeckt, sodass wir den Sonnenaufgang nicht sehen konnten. Aufgrund der Bewölkung lag die Temperatur sogar noch knapp über dem Gefrierpunkt. Wir erledigten das routinemäßige Packen bis 8:30 Uhr und wurden noch von dem netten Marokkaner aus der Steinhütte verabschiedet. Ich schenkte ihm noch zwei Bilder von einer vergangenen Tour, und anschließend schoben wir die Räder zurück auf die Straße. Kurz bevor wir los fahren wollten kam uns ein älterer Marokkaner auf seinem Rennrad entgegen. Er hatte sein Rad recht zügig den Berg hoch geschoben und sprach sogar ein paar Brocken Deutsch, denn er hatte in Hamburg als Gastarbeiter gearbeitet. Ich machte ein Bild von ihm, und 8:45 Uhr begann dann offiziell die dritte Etappe unserer Tour. Bis zum ersten Pass des Tages waren es keine drei Kilometer. Da wir uns jedoch auf über 2000 Meter Höhe befanden mussten wir lediglich 100 Höhenmeter bewältigen. Kurz vor dem Pass kam der Abzweig nach Telouét und Anemiter mit Pistenverbindung nach Ait Benhaddou. Wir blieben jedoch auf der P31 und hatten kurz nach 9 Uhr den Pass erreicht. Aufgrund der Temperatur von 5°C hatten wir unsere wärmend Ärm- und Beinlinge angezogen. Die Fliespullover und Windjacken durften natürlich auch nicht fehlen. Zum ersten mal seit langen hatte ich auch eine Mütze auf. Es war leider bedeckt geblieben, sodass wir von der Südseite des Atlas nicht ganz so beeindruckt waren. Während der Abfahrt passierten wir zwei kleine Ortschaften. Schroffe, steil zerklüftete, meist kahle, zum Teil aber auch aufgeforstete Berghänge zogen hinab ins Tal. Bei einem Stand an der Straße kaufte ich mir zwei Minerale. Der Verkäufer bot mir noch mehr Steine, wenn ich ihm meine Mütze und Handschuhe geben würde. Er meinte das wir diese im Süden sowieso nicht mehr benötigen würden. Ich bin natürlich nicht auf diesen Tausch eingegangen.

ein Marokkaner im hohen Atlas

ein seltenes Bild: Conrad mit Mütze vor der Abfahrt

der Blick auf die Abfahrt

Nach einer halben Stunde hatte wir Aguelmous erreicht. Noch vor dem Ort floss ein zehn Meter breiter Fluss über die Straße. Die wenigen Fußgänger passierten ihn neben der Straße und liefen dabei über einige Steine die im Flussbett lagen. Ich dachte nicht viel darüber nach, gab Gas und passierte den Fluss. Die Strömung war spürbar aber nicht sehr stark. Dummerweise sind mir meine Schuhe und Strümpfe nass geworden, was sehr unangenehm bei den Temperaturen wurde. Mäfju erging es besser, denn seine Schuhe waren wasserabweisend. Aguelmous zog sich in einer langen Linkskurve ins Tal und wir benötigen mehrere Minuten, es zu passieren. Es war Suq (Markt), aber wir rollten mit mehr als 50 km/h ins Tal. An den steilen Bergflanken zu unserer Linken wurden gerade Ziegen auf die kargen Weidegründe getrieben. Hinter der Ortschaft nahm der Verkehr etwas zu, was auch nicht schwierig war, denn auf den ersten 15 Kilometern hatten wir keine drei Autos gesehen. In Amerzgane wollten wir Mittag machen. Noch waren es 20 Kilometer bis zu der Ortschaft, und entlang des Assiflmini-Fluss führte die Straße durch welliges Terrain. Da meine Füße nass waren und die Kälte uns nicht so richtig motivierte, kamen wir nicht sonderlich gut voran. Die Landschaft war überwiegend kahl, und nur vereinzelt existierten Grünflächen mit einigen Bäumen. Die Nordseite des Atlas hatte uns dagegen deutlich besser gefallen. Kurz vor dem ersten größeren Abzweig des Tages nach Tazenakht (P32) kehrten wir, nach 40 gefahrenen Kilometer, ein. Das kleine Restaurant befand sich direkt neben der Straße. Ein Kamel fraß im Vorgarten, und auf der Straße führte die Polizei eine Radarkontrolle durch. Etliche gingen ihnen in die Lappen, denn auf der schnurgeraden Straße wird man sehr stark zum Schnellfahren verleitet. Wir waren die einzigen Gäste und wurden schnell mit Tee und Kusskuss bewirtet. Es war das erste warme Essen seit mehr als 24 Stunden. Wir genossen unsere Pause ausgiebig. Zudem konnte ich meine Strümpfe wechseln, und wenn man sich viel Mühe gab, konnte man erahnen, dass es irgendwie aufklarte.

die erste Hürde des Tages ...

... meistern wir (bis auf nasse Füße) ohne Probleme

Ziegen am Hang

unser erste Kamel

Conrad während der Mittagspause

Mäfju und der Kusskuss

Wir verweilten eine Stunde und rollten 12 Uhr weiter. Es folgten 30 Kilometer recht eintönige Strecke. Es war flach, die Straße ging nur geradeaus und nennenswerte Vegetation gab es auch nicht. Lediglich eine Handvoll Dörfer lockerten die Einöde auf. Auch das seit langem ausgeschilderte Amerzgane bot nicht mehr als eine Snack-Bar, und so rollten wir weiter. Auch den zweiten Abzweig nach Tazenakht ließen wir rechts liegen und fuhren weiter in Richtung Ouarzazate. Noch waren es 19 Kilometer bis zu der Stadt, und das Terrain wurde etwas welliger und die Aussichten von den Kuppen der Hügel etwas besser. Alles in allem erschien die Landschaft irgendwie surreal, denn uns umgab nichts weiter bis zum Horizont als viele Hügel und Steine. Der Verkehr war weiterhin nur mäßig und wurde durch Touristenbusse und Jeeps aber auch Wohnwagen dominiert. Man grüßte uns immer sehr herzlich. Das war sehr angenehm, zumal wir heute auch noch nicht angebettelt worden waren. Während einer Pause las ich aus dem Reiseführer: Ouarzazate hat sich vom ehemaligen Militärstützpunkt zu einer sauberen und modernen Stadt mit 146.000 Einwohner entwickelt. Während der Protektoratszeit war die Stadt bereits wichtiger Militärstützpunkt, und nach dem Krieg waren auch deutsche Kriegsgefangene interniert. Nach der Unabhängigkeit nutzten die Marokkaner die Stadt weiterhin als Militär- und Touristenstützpunkt. Uns schreckten die folgenden Sätze noch etwas mehr ab: Ouarzazates Touristenviertel gibt der Stadt das Aussehen und das Ambiente einer Touristen-Retortenstadt ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten. Das klang nicht besonders einladend. Wir hatten jedoch ausreichend Wasser und Essen dabei, um nicht im Ort einkaufen gehen zu müssen. Kurzerhand entschlossen wir uns, Ouarzazate südlich zu umfahren. Auf der kleinen Umgehungsstraße sahen wir eine restaurierte Kasbah und einige Dörfer, wo wir wieder mehr Menschen sahen. Auffallend war, dass ihre Hautfarbe deutlich dunkler war als die der Marokkaner auf der Nordseite des Atlas. Vereinzelt wurden wir nach einem Dirham oder Kuli angebettelt, aber aufdringlich wurden die Kinder glücklicherweise nicht. Wir holten an einem kleinen Supermarkt noch 3 Liter Wasser, 1 Liter Cola und Limo für 23 Dirham. Während meiner Mittagspause hatte ich mir meine Strümpfe gewechselt und Plastiktüten zum Schutz vor den nassen Schuhen angezogen. Zwar waren die Plastiktüten etwas zerfetzt, aber dafür waren die Schuhe trocken. Diese sehr effektive Methode hatten wir bereits bei unserer Polarkreistour 2004 entwickelt. Im Laufe des Nachmittags nahm die Bewölkung deutlich ab. Auch sank die Temperatur auf 20°C, sodass wir heute erstmals bei kleineren Anstiegen ins Schwitzen kamen.

am Nachmittag erreichten wir Quarzazate

Mäfju an einen der vielen Versorgungsstände

die erste Kasbah auf unserer Tour

Monotonie hinter Quarzarzate

15 Kilometer hinter Ouarzazate kam der Abzweig zum Stausee Barrage d´El Mansour. Da er jedoch von unserer Seite kommend, militärisches Sperrgebiet war, überlegten wir gar nicht lange und fuhren auf der P31 weiter Richtung Agdz. Bis auf zwei kleinere Hütten gab es weder Vegetation noch Besiedlung am Wegesrand. Wir hatten bereits 100 Kilometer geschafft und waren ordentlich ausgepowert. Auch nach zwei kleineren Stopps konnten wir uns nicht so recht motivieren, noch weit zu fahren. Ein Blick in den Reiseführer verriet uns zudem, dass in den nächsten zehn Kilometern die Landschaft reizvoller, da gebirgiger, werden sollte. Auch sollte in nicht allzu großer Ferne ein Pass kommen, für den wir mehr als 300 Höhenmeter hinauf fahren müssten. Wir entschieden uns deswegen, bereits zwei Stunden vor Sonnenuntergang die Etappe zu beenden. Da die Landschaft keinen Sichtschutz bot, verließen wir die Straße und fuhren einen halben Kilometer über Schotter zu einem kleinen Baum. Zusätzlich bot uns ein Hügel Sichtschutz. 16:30 Uhr war bereits unser Zelt aufgebaut, und 18 Uhr hatten wir Abendbrot gegessen.

Mäfju genervt von der Einöde

in absehbarer Zeit keine Abwechslung

auch nach diesem Stopp war die Motivation nicht viel besser

In nicht einmal fünf Stunden Fahrtzeit hatten wir 120 Kilometer geschafft. Dies entsprach mehr als 24 km/h, und damit zählte diese Etappe zu einer der schnellsten unserer Touren. Bei schönen Wetter wäre es vermutlich noch schneller gegangen. Unsere Freude währte aber nicht lange, denn ein LKW fuhr direkt neben unserem Zelt vorbei. So schnell war unsere Tarnung aufgeflogen. Die beiden Männer grüßten uns, was uns zumindest ein Gefühl von Sicherheit wieder zurück gab. Im Zelt studierten wir noch einmal die Landkarte. Ich hatte vor der Reise eine Tour grob abgesteckt. Da wir jedoch etwas zügiger als erwartet voran gekommen waren, offenbarte mir Mäfju seinen Wunsch, gleich weiter bis zur Wüste nach M´hmid zu fahren. Dies würde noch einmal 200 Kilometer mehr bedeuten. Nach einigen Abwägungen entschieden wir uns, das Wüstenziel in Angriff zu nehmen und notfalls eine Teilstrecke mit Bus oder Taxi zu fahren. 19:30 Uhr legten wir uns schließlich schlafen.

bei diesen Büschen bauten wir das Zelt auf

unser Zelt in der Einöde


Statistik zum 03ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Vormittag

Tageskilometer
119,97 km
Gesamtkilometer
240,93 km
Höhenmeter
633 (2734)
maximale Höhe
2106 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
24,1 km/h
reine Fahrzeit
4:53:52 (12:03:07)
Start
8:45 Uhr
Ziel
16:00 Uhr
TopSpeed
52,5 km/h
Temperatur
5 - 20 °C
Übernachtung

40 km östlich von Quarzazarte
Übernachtungshöhe
1319 m über NN
Trinken

2,0 Liter Wasser
0,5 Liter Limo
Stärkungen

1 Tüte Haribo
1 Snickers
Ausgaben


55 DH (5,5 Euro) für Minerale
45 DH (4,5 Euro) Mittagessen
15 DH (1,5 Euro) Getränke

Tag 2 / Tag 4










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