Tag 2: 04.02.07 (79 km): hinein in den hohen Atlas
Esel als weit verbreitetes Transportmittel

Heute sollte nun erste Bergetappe auf dem Programm stehen. Wir hatten vor der Tour nicht speziell trainiert, sodass wir ordentlich Respekt vor dem Hohen Atlas besaßen. Es galt immerhin, den Tizi n Ticka zu knacken, der sich auf 2280 Meter Höhe befindet.
In der Nacht war mir etwas kalt gewesen, und auch in unserem Haus hatte es sich auf 13°C abgekühlt. Mäfju hatte im Schlafsack geschlafen, ich mich jedoch nur mit Decken des Hostels zugedeckt. Weil wir kein Zelt abbauen mussten, kamen wir nach dem Frühstück 7:30 Uhr recht schnell weg und hatten bereits 8:30 Uhr ausgecheckt. Auf diese Leistung waren wir mehr als stolz, denn bei den anderen Touren hatten wir es fast nie vor 10 Uhr geschafft los zu kommen. Der Himmel war azurblau, und die Sonne begann die uns umgebende Landschaft zu erwärmen. Wir hatten uns am Start noch Ärmlinge angezogen, die wir aber nach den ersten Kilometern wieder ausziehen konnten. Es rollte sich wesentlich besser als gestern. Was zum einen am tollen Wetter und zum anderen an dem geringen Verkehr lag. Bereits nach einer halben Stunde durch dünn besiedeltes Land sahen wir die ersten Schnee bedeckten Berge des Atlas zu unserer Rechten. Zu unserer Linken schlängelte sich ein Fluss, welcher sehr braun aussah, da er viele Sedimente mit sich transportierte. Immer wieder passierten wir kleine Ortschaften in denen wir von den Einwohnern sehr freundlich begrüßt wurden. Erfreulicherweise bettelte man uns auch nicht so oft an. Trotzdem hielt ich mich zurück, die Menschen zu fotografieren. Wir waren seit Beginn der Etappe stetig bergan gestiegen





die erste Schneeschranke bei 900 m  Höhe

Bei einer Höhe von 1200 Metern machten wir die erste Pause. Ein Schluck Cola und ein Riegel mehr war nicht drin. Trotzdem bekamen wir einen kleinen Energieschub, den wir bereits nach der nächsten Kurve dringend nötig hatten. Schuld waren zwei wilde Hunde, die uns laut bellend hinterher liefen. Mäfju wurde von ihnen ausgewählt, und beide versuchten, ihn zu beißen. Da half nur, kräftig in die Pedale treten und lautstark rufen (Steine zum werfen hatten wir in diesem Moment leider nicht mit dabei). Bei Höhenmeter 1400 machten wir eine längere Pause und kehrten in ein Restaurant mit Terrasse ein, von der wir einen netten Blick auf das mit Kakteen übersäte Tal hatten. Wir waren die einzigen Gäste und wurden sogleich mit Tee bewirtet. Es folgte ein Fladen, der gedippt in zwei verschiedene Soßen einen angenehmen Geschmack entfaltete. Erfreulicherweise durfte ich auch die beiden Besitzer fotografieren. Alle Frauen die wir bisher gesehen hatten, trugen ein Kopftuch. Zudem waren sie sehr zurückhaltend. Unsere Wirtin war jedoch nicht so scheu und ließ sich gerne ablichten. Für das schmackhafte Essen mussten wir lediglich 25 Dirham bezahlen. Weil wir uns nicht übers Ohr gehauen fühlten, kauften wir zudem noch zwei Wasserflachen á 1,5 Liter für je 10 Dirham.

unser erster Stopp bei 1200 m Höhe

Mäfju während unser Mittagspause

Conrad genießt seinen Tee

unsere Gastgeber

so sah der Blick von unserem Restaurant aus

Die Straße führte weiter bergauf, entlang aufgeforsteter Vorgebirgshänge und Felder, bis sich die Landschaft nach zehn Kilometern immer mehr zum Gebirgswald wandelt. Bei Kilometer 67 hinter Marrakesh erreichten wir den Paß Tizi-n-Ait bei 1440 Meter Höhe. Links der Straße hatte man einen herrlichen Blick auf den Djabal Tistouit (3224 m) und das Dorf Aghbalouh im Tal. Nachdem wir den ersten Pass des Tages genommen hatten, ging es 200 Höhenmeter bergab bis nach Zukten. Immer wieder boten Händler am Wegesrand Minerale aus den Bergen an. Da wir jedoch voll bepackt waren, hoben wir uns den Einkauf für die Abfahrt auf der anderen Seite des Gebirges auf. An einem sich eng durch das Tal windenden und viel Wasser führenden Fluss erreichten wir schließlich bei Tageskilometer 51 das 1650 m hoch gelegene Tadert. Der sehr schön gelegene Ort bot einen grandiosen Blick in das Tal Qued Tazlida. An den Hängen oberhalb des Flusses befanden sich einige bewohnte Steinhäuser. In den Flusstälern ist es im Sommer noch etwas grün, die Berghänge sind dagegen kahl und schroff. In Tadert befindet sich die barriere de neige, also jene Schranke die bei Schneefällen geschlossen wird. Entgegen anfänglicher Befürchtungen hatten wir dagegen bis jetzt keinen Schnee entlang der Straße gesehen. Freunde hatten uns dagegen berichtet, dass noch vor zwei Monaten im Dezember die Straße zugeschneit gewesen war. Hinter Tadert wollten wir die vierte Pause (13:45 Uhr; 23°C) machen und nutzten einen der wenigen Bäume am Wegesrand, um uns unter seinem Schatten auszuruhen. Für die 51 Kilometer nach Tadert (1650 m) hatten wir mit allen Pausen sieben Stunden benötigt. Zudem hatten wir mehr als 900 Höhenmeter überwunden; jedoch sollten auf den nächsten 16 Kilometern bis zum Zielpass noch mehr als 600 weitere Höhenmeter hinzu kommen. Nach wenigen Minuten kam ein Junge vorbei geradelt, der zwanzig Meter vor uns anhielt und uns etwa 10 Minuten beobachtete, bevor er weiter fuhr. Am Ende unseres 45minütigen Stopps gesellten sich noch zwei weitere Kinder zu uns, die jedoch ebenfalls staunend zwanzig Meter vor uns verharrten. Für uns ging es nach der Pause weiter stetig nach oben. Die Sonne schien uns direkt ins Gesicht und wir beide waren schon ordentlich ausgepowert. Auch Mäfju merkte auf dieser Etappe seine Oberschenkel mehr als noch während der letztjährigen Pyrenäentour, vor der er deutlich mehr trainiert hatte. Die Straße schlängelte sich immer steiler bergan. Erfreulicherweise wurden wir des öfteren freundlich angehupt und aus dem Auto heraus angefeuert. Dabei standen sich die Einheimischen den Touristen in nichts nach.

der erste Blick auf den Atlas

ein Dorf am Wegesrand

ein Dorf am Wegesrand

Mäfju während einer der Pausen

dieser Junge beobachtete uns mehrere Minuten aufmerksam

einer der letzten Dörfer vor dem Pass

die letzte Pause vor dem Pass

der Blick auf den hohen Atlas

Auf einer Höhe von 1900 Metern sah ich den ersten Schnee neben der Straße. Ich manövrierte mein Fahrrad in das Schneefeld und machte ein Bild. Das kostete mich ein wenig Zeit, aber Mäfju wartete drei Serpentinen weiter oben auf mich. Wieder vereint nahmen wir die letzte Phase des Pass in Angriff. Die uns umliegenden Berge waren schneebedeckt und kurz vor dem Tiza n Tichka gab es noch eine kleine Ebene die mich spontan an Jakobs Islandbilder erinnerte. Ich machte einen Gegenlichtaufnahme, und weiter gings. Erstaunlicherweise kamen uns immer wieder schwere Laster entgegen. Diese Straße ist zwar die direkteste Verbindung zwischen Marrakesh und dem Süden, aber sie ist auch sehr anspruchsvoll zu fahren. Zum einen müssen die Bremsen halten, zum anderen darf der Motor nicht zu heiß laufen. Vorsichtshalber hatten die meisten Busse deswegen ihre Motorklappe beim Anstieg geöffnet. Mäfju hätte am liebsten auf den Wiesen vor dem Pass geschlafen, aber ich motivierte ihn, den Pass noch heute zu überqueren. Er ließ sich überreden, und so nahmen wir auch noch die letzten Höhenmeter. Leider war der Pass nicht besonders ausgebaut. Die wenigen Souvenirstände boten die selben Minerale, wie wir sie bereits einige Stunden zuvor gesehen hatten.

der erste Schnee bei 1900 m Höhe

die Busse mussten den Moto vor dem heiß laufen schützen

schwere Schlepper bei dem Pass

Gegenlichtaufnahme beim Pass

karke Landschaft beim Tizi n Tichka

Unser höchster Pass (2280 m) definierte sich also einmal mehr durch den Spruch: der Weg ist das Ziel. Wir wollten unbedingt auf der Höhe übernachten und rollten deswegen nur noch etwa einen halben Kilometer weiter. Nach drei Kilometern sollte noch ein zweiter Pass auf 2100 m Höhe kommen. Zwischen den Pässen errichteten wir unweit der Straße unser Zelt. Der Untergrund war etwa uneben und vegetationslos. In etwa 100 Meter Entfernung befand sich ein Sendemast und eine kleine Hütte, zu der kurz vor der Dämmerung ein Mann mit einem Hund und zwei Kinder kam. Ich schenkte den Kleinen Bonbons, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Der Mann gab mir daraufhin die Hälfte seines Fladens. Anschließend inspizierte er unser Zelt und gab uns zu verstehen, dass es hier in der Nacht sehr kalt werden würde. Wir zeigten ihm unseren Schlafsack und meinten, dass es darin angenehm warm wird. Der Mann ging daraufhin zurück zu seiner fensterlosen Steinhütte (wir vermuteten er ist Mineralienverkäufer und passt gegen ein kleines Entgelt auf den Sendemast auf). Nach dem Sonnuntergang gegen 18:15 Uhr wurde es schnell kalt. Wir waren sehr müde und ausgepowert und legten uns deswegen bereits 18:45 Uhr in die Schlafsäcke. Mäfju hörte Musik und ich schrieb noch eine Stunde Tagebuch, ehe wir gegen 20 Uhr einschliefen.

ein Berber vor seiner Hütte

Mäfju und der Berber

die höchste Zeltstelle unserer Touren

unser Zelt auf 2160 m Höhe


Statistik zum 02ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
78,85 km
Gesamtkilometer
120,96 km
Höhenmeter
1880 (2101)
maximale Höhe
2240 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
14,3 km/h
reine Fahrzeit
5:18:00 (7:09:15 h)
Start
8:30 Uhr
Ziel
17:10 Uhr
TopSpeed
56,9 km/h
Temperatur
9 - 23 °C
Übernachtung
beim Tichi n Tichka
Übernachtungshöhe
2160 m über NN
Trinken

2,0 Liter Wasser
1,0 Liter Cola
Stärkungen


3 Riegel
Dextro
Bonbons
Ausgaben


10 DH (1 Euro) für Wasser
25 DH (2,5 Euro) für Mittagessen

Tag 1 / Tag 3





bilder und texte sind urheberrechtlich geschützt © by conrad philipp & matthias weißbrodt 2002 - 2007