Tag 4: 13.09.2005 (115 km): über die Berge in den Taifun

Frühstück mit meinem Gastvater

Die Nacht auf dem Sofa der Farmer war recht angenehm. Gegen 6:30 Uhr war ich aufgestanden, weil die Feldarbeit begann und sowieso alle wach waren. Nun hatte ich auch etwas Zeit mir das Haus im Hellen anzuschauen. Es war schlicht eingerichtet. Nachdem man eingetreten war, befand man sich im Wohnzimmer. Rechts hinter einer Schiebetür war das Kinderzimmer. Die Küche und der Esstisch waren im hinteren Teil des Wohnraums. Das Bad war sauber und man hatte direkten Blick auf die Birnenplantage. Mein Rad hatte ich einmal mehr nicht gesichert aber nichts war passiert. Ich aß noch Krabben mit meinem Gastgeber auf der Veranda und startete dann nach einigen Bildern für ihr Familienalbum und meinem Tourbericht kurz vor 9 Uhr. Es war leider bedeckt und die Farmer hatten mir Regen prophezeit – spätestens am Abend. Nach wenigen Kilometern hatte ich ordentlichen Gegenwind. Dafür war es mit 30°C im Schatten deutlich erträglicher als die letzten Tage.

ein weiterer Abschied er schwer fiel

die Berge im Wolchlusan National Park

Ich folgte einer Überlandstraße an zahlreichen Feldern vorbei zur 821. Auf dieser bin ich dann bis Yeong-am in einem landschaftlich reizvollen Gebiet gefahren. Durch den orkanartigen Wind wurde es aber zur Tortur. In einem Dorf lachte ich einem Passanten zu, der sich daraufhin vor mir verbeugte. Bei Yeong-am fragte ich zwei Polizisten nach dem Weg. Nach fünf Minuten hatten sie eine ungefähre Idee, wohin ich fahren solle. Wenn sie zugegeben hätten es nicht zu wissen, dann hätten sie ihr Gesicht verloren, was in Asien äußerst bedeutend ist. Zu meiner Linken erhoben sich die rund 800 Meter hohen Berge, welche zum Wolchlusan National Park gehörten. Ich umfuhr die Berge bei Deokcheon und wählte dann eine Route nach Süden auf der 819. Am Horizont sah ich bereits dunkle Wolken und entschloss mich, Mittag zu essen. Ich fuhr also in ein kleines Dorf und wählte das erstbeste Restaurant. Außer mir war kein anderer Gast da. Die Preise lagen alle bei 5000 Won. Ich wollte aber nur wenig essen und dafür auch nur die Hälfte zahlen. Die Köchin verstand nicht ganz und hatte auch keine Lust zu handeln. Ihre Tochter kam dann noch aus einem Nebenraum und überredete ihre Mutter, mir eine halbe Portion zu geben. Wenig später wurden mir zahlreiche Schälchen gereicht. Ein Highlight war Peperoni mit Fisch .. danach war mir das Gesicht für 5 Minuten taub. Während des Essens kam ich mit der Tochter der Köchin ins Gespräch. Han-na studierte Zahntechnik und weil ihre Uni gerade für mehr Leistungen streikte, war sie zu ihrer Mutter nach Hause gefahren. Sie war die erste seit Tagen, mit der ich mich wieder richtig auf English unterhalten konnte. Ich zeigte ihr auch meine Reisebilder und wie immer verschenkte ich auch ein paar als Andenken. Sie half mir dann auch noch die Fährverbindungen nach Jeju ausfindig zu machen. Draußen hatte es einen kurzen Schauer gegeben und so war ich froh, im Trockenen gewesen zu sein. Nach über einer Stunde bei den netten Leuten dieser Gaststätte wollte ich bezahlen. Man machte mir deutlich, dass sie mein Geld nicht nehmen würden, denn ich sei ihr Gast.

dunkle Regenwolken am Horizont

Mittagessen bei neuen Freunden

Han-na und ich kurz vor dem Abschied

auch das Okcheon-nyon-Gebirge verspricht nicht gerade tolles Wetter

14:45 Uhr fuhr ich dann weiter Richtung Süden zum Meer. Bald schon wurde mir die Fahrt durch kräftigen Gegenwind erschwert und ich hatte erst 60 Kilometer. Da die Fähre erst morgen 14 Uhr ging, hatte ich nicht den großen Druck schnell zu sein. Mein Ziel war es trotzdem, die restlichen 50 Kilometer zur Hafenstadt Wando zu fahren, um morgen einen Ruhetag einlegen zu können. Das hieß also, etwa zwei bis drei Stunden bei moderaten Tempo. Die Autostraße „13“ fuhr sich sehr schwierig, da der Verkehr dick und der Gegenwind stark war. Zur Krönung musste ich noch durch einen Tunnel fahren. Nach einigen Kilometern nervte mich die Fahrt derart, das ich nach Alternativen Ausschau hielt. Einzige Ausweichmöglichkeit war die werkehrsamere 827 über die Berge. Bei Hasenam verließ ich die „13“ und kaufte vor den folgenden Bergprüfungen noch Cola, Eis und Gebäck für 4800 Won (rund 4 Euro). Danach arbeitete ich mich über das Okcheon-nyon-Gebirge, was bei der höchsten Passstraße lediglich 230 Meter hoch gelegen war, jedoch ging es immer hoch und runter, sodass ich innerhalb einer Stunde fast 1000 Höhenmeter gefahren war. Ein Blick nach Osten verriet nichts gutes, denn es waren dunkle Wolken aufgezogen, die in absehbarer Zeit Regen bringen würden. Zudem wurde es spürbar kühler und der Wind frischte noch einmal auf. Mein Ziel war es, Wando trocken zu erreichen und deswegen verschärfte ich noch einmal das Tempo. Die Abfahrt nach Hangehou bot mir die Gelegenheit, etwas zu verschnaufen und wäre es nicht derart verhangen gewesen, hätte ich noch einen tollen Ausblick auf das Meer gehabt. Auf der Fahrt nach Namchang grölte und feierte mir eine Schulklasse, mit den klassischen Schuluniformen in blau-weiss, hinterher. Zwei Klassenkasper fuhren noch fünf Minuten mit mir zusammen. Es folgte ein letzter Hügel mit 100 Meter Erhebung und nun sollte es ungemütlich werden, denn der Regen hatte mich erreicht. Er wurde schnell heftiger und ich hatte Probleme, auf der Straße zu bleiben, denn der Wind verschärfte sich noch weiter. Zum Glück waren kaum Autos unterwegs. Nach drei Kilometern hatte ich Namchog erreicht und versuchte, eine Unterkunft zu finden. In dem kleinen Ort gab es weder ein Minback noch Hostel und so musste ich, nach einem großen Schluck Cola und einem Snack, weiter radeln. Da ich nun einmal nass war, wollte ich gleich bis zum 15 km entfernten Wando fahren, um morgen nicht wieder dem Regen ausgesetzt zu sein. Es war kaum zu glauben, aber der Regen wurde noch stärker aber mehr als nass konnte ich auch nicht werden. Ich fand irgendwie Gefallen an der Regenfahrt und musste mich an andere Touren erinnern, als wir zum Beispiel in einem Starkregen auf unserer Polarkreistour kamen. Auf der Koreatour war es jedoch der erste Tag mit Regen. Leider war der Blick zum Meer auf meiner Rechten derart schlecht, dass es sich nicht gelohnt hätte, Bilder zu machen. Bei den sinnflutartigen Regenfällen hätte ich fast eine Wasserkamera benötigt. So machte ich nur ein Bild, um die Atmosphäre etwas einzufangen. An einem Militärposten winkten mir ein paar Soldaten hinterher, die scheinbar auch Mitleid mit mir hatten. Drei Kilometer vor Wando begann ich, nach Unterkünften Ausschau zu halten. Heute wollte ich unbedingt warm duschen und nicht im Zelt schlafen. Leider gab es keine Minbacks, sodass ich bei einigen Häusern anklopfte und mich nach einer Unterkunft informierte. Ich machte scheinbar einen derart heruntergekommenen Eindruck, dass mich keiner aufnehmen wollte. Es zeigte sich einmal mehr, dass jene, die viel haben, weniger bereit sind zu teilen. Je prächtiger das Anwesen, umso unfreundlicher die Leute. Ich weiß nicht, ob die Region dafür bekannt ist, aber hier traf ich die unfreundlichsten Koreaner meiner Reise. Kurz vor der Stadt gab es noch ein Hotel, was für 20.000 Won (18 Euro) ein Zimmer anbot. Verhandlungen nützten nichts und ich wollte einfach nur noch Duschen und mich aufwärmen. So überlegte ich nicht lange und checkte ein. Mein Rad konnte ich in dem überdimensionalen Speisesaal abstellen. Mein Zimmer war typisch asiatisch eingerichtet. Es gab kein Bett sondern nur eine Decke, die ausgerollt den halben Raum füllte. Ansonsten gab es einen Fernseher und einen Ventilator. Beides stand auf einer Kommode. Das war alles. Vielmehr interessierte ich für das Bad und die Dusche. Ich verbrachte den Abend damit, meine Sachen abwechselnd über den Ventilator zu legen. Nach drei Stunden hatte ich fast alles getrocknet. Nebenbei hatte ich Fernsehen geschaut, Büchsenwurst und Brot gegessen, die ich seit Deutschland mit mir geführt hatte.

Ausläufer eines Taifuns kurz vor Wando

die erste Nacht im Hotel

Baseball und ein ein hartes Bett



Statistik zum 04ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
114,83 km
Gesamtkilometer
548,59 km
Höhenmeter (Gesamt)
702 (2625)
maximale Höhe
230 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
18,77 km/h
reine Fahrzeit
6:06:55 h
Start
08:45 Uhr
Ziel
18:00 Uhr
TopSpeed
50,9 km/h
Temperatur
23 - 32 °C
Übernachtung
----
Übernachtungshöhe
36 m über NN
Stärkungen
Mittagessen mit Fisch
Trinken

6,0 Liter Wasser
1,0 Liter Cola
Ausgaben

4 Euro für Einkauf
17 Euro für das Hotel

Tag 3 / Tag 5


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