Tag 8: 17.09.2005 (65 km): von der paradiesischen Inselwelt in die Kirche

extra wegen mir wird die Bordlucke erneut geöffnet

In der Nacht hatte ich gut geschlafen, auch wenn mir die anderen Typen aus meinem Hostel nicht geheuer gewesen waren, denn sie grölten (sehr ungewöhnlich für Asiaten) noch bis lange in der Nacht herum. Es war heute sehr schnell warm geworden, sodass ich bereits bei meiner Fahrt zum Fährhafen gegen 8 Uhr mit kurzer Hose fahren konnte. Es war sehr voll. Ich stellte mein Rad in der Ecke ab und fuhr zum Ticketoffice. Ich fand heraus, dass 8:20 Uhr und 9:00 Uhr eine Fähre übersetzen würde. Jedoch waren beide komplett ausgebucht, sodass ich mich nur noch auf eine Warteliste setzen lassen konnte. 8:50 Uhr sollte ich dann wieder kommen und erneut nachfragen. Alternativ wäre nur noch eine kleinere Fähre 15 Uhr gegangen, die aber verrausichtlich auch ausgebucht ist. Mit eindringlichen Worten machte ich den Sachberaterinnen deutlich, dass ich morgen unbedingt auf dem Festland sein musste, sonst würde ich meinen Flieger nicht erreichen. Das stimmt zwar nicht ganz, aber ich versuchte so die Dramatik meiner Lage etwas zu erhöhen. Vielmehr war es mir daran gelegen auf dem Festland weiter zu radeln um noch viel vom Land zu sehen. Ich setzte mich in den Wartraum. 9:35 Uhr kam eine Durchsage, die ich nicht verstand. Ein neben mir sitzender Koreaner stupste mich an und meinte, dass ich soeben aufgerufen wurde und nun mein Ticket am Schalter abholen darf. Erfreut lief ich zum Ticketschalter und bekam tatsächlich eins ausgestellt. Ich war überglücklich, schnappte mein Rad und fuhr zum Sicherheitsscheck. Nachdem ich diese passiert hatte, radelte ich zum Schiff. Die Bordklappe war bereits geschlossen, sodass ich nur noch die Treppe hoch zum Schiff nehmen konnte. Leider war diese so schmal, dass ich mein Gepäck abbauen musste. Als ich anfing dieses abzubauen, wurde ich zurück gerufen und ans Ende des Schiffes geführt. Der Kapitän persönlich hatte das Öffnen der Bordklappe veranlasst und während diese runter gefahren wurde, erzählte er mir, dass er als Seemann öfters in Europa gewesen war. Er kannte natürlich auch den Hamburger Hafen. Nachdem mein Rad verstaut war, setzte ich mich aufs Deck und genoss die Sonne. Auf dieser Fahrt waren wesentlich mehr Leute unterwegs als noch zur Hinfahrt und so kam ich recht schnell mit zwei Schülerinnen ins Gespräch, die während der derzeitigen Ferientage zu ihren Verwandten fuhren. Sie lebten auf Jeju und schwärmten von der Insel. Es gibt eigentlich keine Jahreszeit, die sie nicht mögen, aber der Herbst ist ihnen am liebsten, dann nämlich ist die Luft klar und die Temperaturen sind nicht mehr ganz so hoch. Als ich gerade meine Urlaubsbilder zeigte, kam noch ein koreanischer Tourradler zu mir, der gerade eine mehrtägige Radtour mit seiner Tochter beendet hatte. Sie war Stuardess, so konnte er kostengünstig fliegen und war auch schon auf dem Oktoberfest in München. Später unterhielt ich mich mit zwei Mädels aus der Highschool. Nachdem es draußen sehr heiß geworden war, setzten wir unser Gespräch in den Warteräumen des Schiffs fort. Dort gab es interessanterweise keine Sitzplätze. Man musste sich seine Schuhe ausziehen und konnte sich dann auf den Teppichboden setzen oder legen. Nachdem wir in der Mittagszeit angelegt hatten, gingen wir noch eine Kleinigkeit in einer Fischgaststätte essen und dann verabschiedeten wir uns, denn sie mussten noch ein Stück Bus fahren (um sich dann mit dem Rest ihrer Familie zu treffen) und auch ich wollte meine Tour fortsetzen.

kurz nach dem Ablegen

Fotoshooting I

Fotoshooting II

ich sitze :)
interessiert werden meine Digibilder angeschaut

unter Deck wird gelegen nicht gessen

Mittagessen mit den Mädels vom Schiff

mit der nächsten Fähre nach Gogemendo
ein Chillifeld am Wegesrand

die Chillischoten werden auf der Straße getrocknet

Als ich auf eine andere Fähre wartete, die mich durch das südkoreanische Inselparadies transportieren sollte, sprach mich der Präsident von Yuang Woon Trading an. Er machte ein Bild von mir, meinem Fahrrad und seinen Söhnen. Anschließend lud er mich zum Abendessen auf eine Insel ein, die leider genau in meiner entegegengesetzten Richtung lag. Wenig später setzte ich mit einer kleineren Fähre nach Gogemendo über. Die Überfahrt dauerte 20 Minuten und kostete 1.000 Won (80 cent). Auf Gogemendo fuhr ich auf der 77 bis zum nächsten Fährhafen. Zurück zum Festland kostete es noch einmal 40 cent. 15:15 Uhr konnte ich meine Tour in Mavyuang fortsetzen. Die Hafenstadt hatte nicht viel zu bieten und so fuhr ich auf der „23“ Richtung Osten. Mir machte mein Hinterrad etwas Sorgen. Der Reifen war nicht mehr prall gefüllt und so bekam ich nicht so richtig Speed auf die Strecke. Das Terrain wurde hügelig und bei den hohen Außentemperaturen von 30°C kam ich ordentlich ins Schwitzen. Von der Straße aus konnte ich viele Reisfelder sehen. Nach einem kurzen Stopp zur Nahrungsaufnahme (Toast mit Nutella), fuhr ich über Gwansan nach Jeopjang auf die „77“. In einer Stunde würde die Sonne untergehen. Deswegen entschied ich mich, noch einmal etwas Essen zu kaufen, um dann bis zu einem auf der Karte eingezeichneten Strand zu fahren. Während meines Einkaufs im verschlafenen Örtchen Eunheng kam ich mit zwei Männern ins Gespräch, die in Seoul arbeiteten und wegen der Feiertage zu ihren Eltern gefahren waren. Sie gaben mir den Tipp, bis zum Meer nach Suman zu fahren, um dort ein Minback zu nehmen.

Reis und traditionelle Häuser

viele Reisfelder

der kleine Strand war nicht gerade einladend

Ich gab noch einmal Vollgas und erreichte das Meer mit dem Sonnenuntergang. Ich suchte den ausgewiesenen Strandabschnitt. Leider war er nur sehr klein und befand sich direkt neben der Straße. Ähnlich wie die Strände auf Jeju war ich etwas enttäuscht. Beim ersten Minback machte mir keiner auf. Das zweite kostete 20.000 Won und sie wollten nicht mit dem Preis nach unten gehen. Einmal mehr hatte ich den Eindruck, dass reiche Menschen weniger gastfreundlich sind als ärmere. Da ich viel Zeit durch mein Verhandeln verloren hatte, war es draußen bereits dämmrig. Ich hatte nun zwei Möglichkeit: zur örtlichen Kirche, die ich bereits in der Ortsmitte gesichtet hatte oder gleich zum Strand. Ich versuchte es natürlich zuerst bei der Kirche. Man öffnete mir die Tür und ich schilderte mein Problem. Leider verstand der Pfarrer kein englisch, sodass sein ältester Sohn übersetzte. Er war schüchtern, machte seine Sache aber gut und nach vier Minuten wurde mir ein Gemeindezimmer aufgeschlossen, in dem ich die Nacht verbringen konnte. Ich wusch mich mit einer Schüssel auf dem Hof und durfte auch das Gemeindeklo benutzen. Es wirkte alles etwas distanziert aber gastfreundlich. 21 Uhr klopfte es an meiner Tür und der Sohn des Pfarrers holte mich zum Dinner ab. Ich aß dann ein sehr gutes Abendbrot mit dem Pfarrer. Die vier Kinder und seine Frau kamen nur kurz herein und ließen uns dann allein. Da wir uns nicht verständigen konnten, wurde die Atmosphäre erst nach dem Essen entspannter, als ich meine Reisephotos heraus holte und ihm zeigte. 21:40 Uhr bedankte ich mich noch einmal herzlich und legte mich in meinen Schlafsack.

an dieser Tür klopfte ich an

Fischerbote gehen auf Nachtfang

in der christlichen Kirche
... bekam ich ein Zimmer für die Nacht


Statistik zum 08ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
65,33 km
Gesamtkilometer
799,70 km
Höhenmeter (Gesamt)
435 m (5035 m)
maximale Höhe
90 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
20,4 km/h
reine Fahrzeit
3:11:22 h
Start
14:20 Uhr
Ziel
18:30 Uhr
TopSpeed
51,9 km/h
Temperatur
25 - 34 °C
Übernachtung

in der christlichen Kirche von Eunheng
Übernachtungshöhe
5 m über NN
Stärkungen
viele motivierende Süßigkeiten
Trinken

1,5 Liter Wasser
1,0 Liter Cola
0,3 Liter Saft
Ausgaben

16 Euro für die Fähre
2 Euro für
Getränke

Tag 7 / Tag 9


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