Tag 6: 15.09.2005 (59 km): hoch zum Dach von Korea

mein Rad nach 1 Stunde stetig bergauf

Heute früh weckte mich mein Wecker. 7:15 Uhr war es bereits hell und einiger Verkehr auf den Straßen. Trotzdem ging alles gemächlicher zu als auf dem Festland. Ich aß meine letzten Reserven und startete 8:45 Uhr. Draußen war geniales Wetter, was mir natürlich noch einmal einen deutlichen Motivationsschub für meine heutige harte Etappe gab. Es stand nichts geringeres auf dem Programm als auf den höchsten Berg Koreas zu radeln. Doch erst einmal suchte ich den Fährhafen auf, um die Details meiner Rückfahrt zu klären. Die Verkaufsstellen hatten noch geschlossen, aber zu meiner Beruhigung las ich, dass die Fähren jeden Tag zurück zum Festland fahren. Ich hatte noch keine Vorstellung wie hart die nächsten Tage auf der Insel werden und so ließ ich erst einmal alles auf mich zukommen (wie immer eigentlich). Bei dem Fährhafen quatschte mich noch ein Taxifahrer an, der mich für rund 50 Euro zum Gipfel und wieder zurück fahren wollte. „Mit dem Rad sei es viel zu anstrengend und mit dem Auto wäre man sowieso viel schneller oben.“ Da hatte er recht, aber für mich ging es ja nicht um die Schnelligkeit, sondern um die Intensität des Reisens. Gerne benutze ich den vielfach ausgekauten Satz, dass der Weg das Ziel ist. Ich musste den enttäuschten Taxifahrer zurück lassen und bahnte mir den Weg durch die Straßen der Inselhauptstadt. Erste Läden wurden geöffnet und einige Passanten zeigten sich auf den Straßen. Dummerweise verfuhr ich mich nach den Start so gravierend wie nie zuvor auf der Tour und erreichte - erst nach einem Umweg über den Flughafen – gegen 10 Uhr das Ende der Stadt. Mittlerweile war es diesig geworden, aber das störte mich nicht, denn nun begann auch der knackige Anstieg. Ich arbeitete mich immer höher und erreichte schon bald ein erstes Waldgebiet. Wie damals hoch zum Teide auf Teneriffa wurde ich von den vorbeifahrenden Autofahrern ungläubig angesehen und teilweise wurde mir applaudiert (was in der Situation ein nicht zu unterschätzender Motivationsschub ist). Ich schwitze extrem und schon bald waren meine 3 Liter Wasserreserven erschöpft (eine weitere Parallelität zum Teide).



ein weiterer Abschied er schwer fiel ein weiterer Abschied er schwer fiel
das einzige Bild wo ich Fahrrad fahre
aufgenommen hatte es der Englischlehrer aus den USA

Bei 450 Höhenmetern machte ich eine Pause und aß Kekse und Babybel. Bei 752 Höhenmetern wurde ich von einem Rennradler überholt. Er war aus den USA und hatte sich vor Freude kaum einbekommen. Er fand mein Vorhaben crazy und war sich auch nicht zu Schade, ein Bild von mir zu machen (es ist übrigens das einzige Bild, wo ich Fahrrad fahrend in Korea zu sehen bin). Der Ammi (etwa 35) ist Englischlehrer in der Hauptstadt und mit einer Chinesin verheiratet. Er findet es auf der Insel relaxed und ist seinem easy Job und der guten Bezahlung sehr zufrieden. Nach dem kurzen Plausch fuhr jeder für sich weiter. Leider war es in der Mittagszeit bedeckt und bei 900 Höhenmetern zeigte mein Bordthermometer nur noch 21°C. Ich fuhr immer wieder durch Waldgebiete. Die dazwischen liegenden Wiesen wurden kaum landwirtschaftlich genutzt. Nur einzelne Pferdekobbeln konnte ich ausmachen. Scheinbar hat sich auch auf dieser Insel der Tourismus (auch wenn es zum Großteil Koreanischer ist) durchgesetzt. Landschaftlich reizvolle Ausblicke hielten sich in Grenzen. Ich fuhr also auf der Nord-Süd verlaufenden 99 oder 1100-Meter-Straße bis zu einer Höhe von 1100 Meter über dem Meeresspiegel (daher auch der Straßenname). Hier war vorerst der höchste Punkt erreicht und ich kaufte mir ein überteuertes Eis an einem neu errichten Tourismustempel. Da es unter der Woche war, hielt sich die Anzahl der koreanischen Touristen in Grenzen. Nun kam sogar die Sonne etwas raus und trocknete meine verschwitzten und leider auch extrem stinkenden Sachen. Anschließend ging es 200 Höhenmeter auf 900 runter, die ich nicht richtig genießen konnte, denn ich wusste, dass es bald wieder nach oben gehen würde. Nach sechs Minuten hieß es dann wieder ordentlich in die Pedale treten. Bei 1250 Metern hatte ich einen Parkplatz erreicht, der sogleich die Endstation für alle Autos war. Bevor ich die Umgebung erkunden konnte, kam ich mit einem älteren Mann aus Seoul ins Gespräch. Dieser machte zusammen mit seiner Tochter und ihrem französischen Mann ein paar Tage Urlaub auf Jeju. Ich wollte noch hoch zum Gipfel des Vulkankegels. Da der Parkplatz auch das Ende des asphaltierten Weges bedeutete, musste ich absteigen und mein Rad stehen lassen. Ich fragte den netten Koreaner, ob er auf mein Rad aufpassen würde, solange ich weg bin. Erfreulichweise sagte er ja und ich konnte die wichtigsten Utensilien wie Geld, Papiere und Photo in meinen Rucksack stecken und los laufen. Er rief mich noch einmal zurück und spendierte mir eine Cola. Ich bedankte mich herzlich und musste mich nun beeilen.

Zwischenstopp auf 1250 m Höhe

Fischerbote gehen auf Nachtfang

unangeschlossen und doch kam nichts weg
nach einer halben Stunde Wanderung

Es war 14:40 Uhr und der Durchschnittskoreaner braucht hin und zurück drei Stunden. Weil ich noch heute zurück in bewohntes Gebiet fahren musste, um Nahrung und Wasser zu kaufen, durfte ich mir nicht mehr als zwei Stunden Zeit lassen. Mit straffen Schritten begann ich meine Wanderung. Der Weg führte durch Dickicht mit vielen Lianen und einem kleinen Bach, der in dem satten Grün fast unter ging und mich nur durch sein stetiges Plätschern aufmerksam machte. Nach einigen knackigen Anstiegen verließ ich den Wald und befand mich auf einem kahlen und stetig ansteigenden Teilabschnitt. Hier traf ich auch die Schwiegerkinder meiner Parkplatzbekanntschaft. Ich begrüßte die beiden mit bonjour und erzählte ihnen von meinem kleinen Intermezzo. In etwa 20 Minuten hatten sie den Parkplatz erreicht und ab dann war mein Rad unbeaufsichtigt. Etwas mulmig war mir dabei schon. So konzentrierte ich mich auf den Anstieg und verschärfte meinen Schritt. Mir kamen noch etwa 25 andere Touristen (zwei von ihnen waren sogar Westler) entgegen. Zu meiner rechten gab es einen Steilhang und einige gute Fotomotive. Ich nutzte eine Wolkenlücke und schoss einige Bilder einer hervorstehenden Felsklippe. Bei 1600 Metern Höhe hatte ich eine Art Hochplateau erreicht, von dem man über eine mit Stegen ausgelegte Wiese ohne einen merklichen Anstieg voran kam. Zum ersten mal konnte ich den Gipfel des Halla Mountain sehen. Majestätisch drohnte er in der Landschaft. An einem Bergbach lagen etliche Schöpfkellen, sodass ich endlich meinen Durst löschen konnte. Nun war es nicht mehr weit bis zu einer Berghütte. Die Souvenirs begrenzten sich auf einige Postkarten und in der kleinen Küche wurden bis vor zwei Stunden noch traditionelle Gerichte angeboten. Leider war auf 1700 Meter Höhe auch das Ende meiner Wanderung erreicht, denn aus Sicherheitsgründen war der letzte Teilabschnitt für Wanderer gesperrt. Wahrscheinlich waren zu viele Menschen vom Kraterrand abgestützt. Nachdem auch die letzten drei Wandersleute weg waren, machte ich zurück zum Parkplatz. Bis eben war es mein Ziel, den Gipfel zu erreichen. Nun wollte ich so schnell wie möglich zu meinem Rad. Für den Aufstieg hatte ich 70 Minuten benötigte. Runter ging es in 50 Minuten.

die ersten Kilometer führten durch Dickkicht

steile Flanken zu meiner rechten

ein weiterer Abschied er schwer fiel ein weiterer Abschied er schwer fiel
koreanische Sicherheitshinweise
bald war die Hochebene erreicht

die Inselwelt um Wando

Blick auf die grüne Insel Jeju

der Mount Halla

bei 1700 m Höhe ging es leider nicht weiter

ein weiterer Abschied er schwer fiel ein weiterer Abschied er schwer fiel
hier konnte ich meinen Durst löschen
und am Ende gabs das Abendbrot kostenlos

Am Parkplatz angekommen, stand mein Rad dort wo ich es abgestellt hatte. Sehr erfreut kaufte ich mir ein Eis (1000 Won) und bekam als letzter Gast noch die Nudelreste des Tages kostenlos. Gegen 17 Uhr machte ich mich auf den Weg nach unten. Mein Ziel war der Pazifik auf der Südseite der Insel. Dort gab es Siedlungen und hoffentlich auch ein Minback oder nette Leute, die mich aufnehmen würden. Die Abfahrt war ein weiteres Tageshighlight, denn ich musste eigentlich nur rollen und bremsen und war nach 40 Minuten fast auf Meereslevel. Es gab auf dem Weg nur vereinzelte Häuser, jedoch keinen Supermarkt. Nachdem ich die Randgebiete von Popwan-ni erreicht hatte, nahm zwar die Anzahl von Minbacks sprunghaft zu aber, sie waren sündhaft teuer. Das erste kostete wahnwitzige 50.000 Won (45 Euro). Also fuhr ich weiter in die Stadt und fragte weiter. Leider gab es nur Hotels, aber keiner wollte mich privat aufnehmen. So bin ich zu einem Minback in einer Seitenstraße und handelte bis auf 30.000 Won runter. Nach dem sehr anstrengenden Tag wollte ich mir diesen Luxus einfach gönnen, obwohl es eigentlich nicht meiner Überzeugung vom lowbudget-Reisen entsprach. Meine Wohnung war sehr gut eingerichtet. Das Bett war 1,4 x 2,0 Meter, das Bad war sauber und hygienisch und es gab sogar eine kleine Küchenzeile. Nachdem ich meine Sachen verstaut hatte, fuhr ich noch eine Runde ohne Gepäck draußen herum. Ich versuchte, mir den Sonnenuntergang am Meer anzuschauen. Keine zwei Kilometer von meiner Unterkunft entfernt befand sich eine Luxusanlage. Die zahlreichen 5 Sterne Hotels waren von Golf-, Tennis- und Parkplätzen für Nobelkarossen – zumeist deutscher Fabrikate - umgeben. Leider war es bereits dämmrig und ich hatte meine Kamera nicht dabei. Zum Strand konnte ich gar nicht fahren, weil er zu zwei Hotels gehörte. Jeju ist das Ziel vieler Honeymoontouristen, die natürlich im Gegensatz zu Seoul auf der Insel eine entspannende Zeit verbringen können. Auf dem Rückweg kaufte ich mir noch für 12.000 Won etwas zum Essen und bereitete mir Nudeln mit scharf gewürztem Fleisch in meiner Kochecke zu. Nach dem Essen wurde ich schnell müde und legte mich bald schlafen. Ich hatte heute nur knapp 60 Kilometer geschafft, aber dafür war ich 1400 Höhenmeter gefahren und noch einmal 600 gelaufen.

die Abfahrt war rasant und duerte keine Stunde

28 € - das teuerste Motel meiner Tour

ein weiterer Abschied er schwer fiel ein weiterer Abschied er schwer fiel
die Küche war sehr sauber
und auch das Bad war voll OK
ein weiterer Abschied er schwer fiel
ein weiterer Abschied er schwer fiel
mein selbst zubereitetes Essen
westlicher Standart: mein Federkernbett


Statistik zum 06ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
59,29 km
Gesamtkilometer
612,61 km
Höhenmeter (Gesamt)
1411 m (4073 m)
maximale Höhe
1218 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
14,0 km/h
reine Fahrzeit
4:12:42 h
Start
8:45 Uhr
Ziel
18:00 Uhr
TopSpeed
61,7 km/h
Temperatur
18 - 31 °C
Übernachtung
Hotel in Popwan-ni
Übernachtungshöhe
107 m über NN
Stärkungen
viele motivierende Süßigkeiten
Trinken

3,0 Liter Wasser
2,5 Liter Cola
2,0 Liter Cider
Ausgaben

26 Euro für das Hotel
9 Euro für Essen und Internet

2 Euro Postkarten
1 Euro Eintritt Nationalpark

Tag 5 / Tag 7


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